Die Löwin von Kenia. Karen Blixen by Lea Kampe
Autor:Lea Kampe [Kampe, Lea]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Piper ebooks
veröffentlicht: 2022-07-27T22:00:00+00:00
Am Nachmittag darauf stand Tanne in der Küche und sah auf ihre Liste.
»Obst ⦠habe ich schon eingepackt. Schokolade auch. Die Sandwiches mache ich jetzt gleich.« Sie sah zu Kamante, der an der Wand lehnte und sie mit einem Gesicht betrachtete, als hätte sie den Verstand verloren.
»Sag mal, Kamante, weiÃt du, ob Abdullahi hart gekochte Eier mag?«
Kamante runzelte die Stirn. »Es gibt niemanden, der keine harten Eier mag«, sagte er. »Aber wenn du noch mehr Reiseverpflegung einpackst, wird Abdullahi im Zug schlecht werden. Dann wird die Schule glauben, dass er krank ist, und ihn ablehnen.«
»Das Essen ist ja nicht nur für ihn, sondern auch für Farah.«
Kamante schwieg unbeeindruckt, und Tanne zog den Teller mit den Brotstücken zu sich heran und begann, sie mit Tomaten- und Truthahnscheiben zu belegen.
Kamantes Gesichtsausdruck sprach Bände. Nicht nur Abdullahi, sondern auch Farah würde schlecht werden.
»Ich hätte Maisbrei kochen können«, meinte er. »Ugali, so wie Abdullahi ihn gerne isst.«
»Der schmeckt aber kalt nicht so gut«, erwiderte Tanne.
Endlich war sie fertig und verstaute alles in einer Tasche, die tatsächlich kaum mehr zuging. Sie atmete einmal tief durch. »So, jetzt sehe ich mal nach, ob die beiden mit Packen fertig sind.« Sie zwinkerte Kamante zu und verschwand nach drauÃen.
Die Sonne war bereits untergegangen. Gefolgt von ihren Hunden ging sie zu Farahs Haus. Dort brannten Lampen in allen Zimmern. Tanne begrüÃte Farahs zweite Frau.
»Sie sind in Abdullahis Zimmer«, sagte sie. In diesem Augenblick erscholl Abdullahis Stimme. »Bitte, bitte, lass mich diesen Kaftan mitnehmen!«
»Der ist schon zu alt. Ich will nicht, dass du dort einen schlechten Eindruck machst â¦Â«
»Bitte«, bettelte Abdullahi.
Tanne trat ein. »Dein Bruder hat recht ⦠Oha, der Koffer ist ja schon ziemlich voll.«
»Er will alles mitnehmen, was er besitzt«, sagte Farah kopfschüttelnd. »Aber jetzt sind wir fertig. Wer weiÃ, ob wir ihn zubekommen.«
»Das ist ganz einfach«, sagte Tanne. »Alles drin?«
Abdullahi nickte, aber an seiner Miene konnte man förmlich ablesen, dass sein Lieblingskaftan fehlte.
Tanne klappte den Deckel zu und setzte sich darauf. »So macht man das bei uns zu Hause. Komm, setz dich neben mich. Mach dich schwer ⦠so ist es gut!«
Sie drückten und zogen. Endlich gelang es ihnen, den Koffer zu schlieÃen.
»Und jetzt habe ich noch ein Geschenk für dich, Abdullahi«, sagte Farah feierlich. »Eines, das du gleich morgen auf der Reise tragen kannst.« Farah verlieà den Raum. Als er wiederkam, trug er ein langes, schalartiges Tuch in der Hand. Es war aus feinem dunkelgrünen Stoff und mit roten und gelben Fäden durchwirkt.
»Für einen neuen Turban«, sagte er.
Abdullahis Augen wurden groÃ. »Der ist ja wunderschön, oh, Farah, danke!« Er rannte auf Farah zu und umarmte ihn so heftig, dass der fast das Gleichgewicht verloren hätte. Farah räusperte sich. Abdullahi lieà ihn los und stellte sich andächtig vor ihn hin. Sein groÃer Bruder begann, ihm den Stoff zu einem Turban um den Kopf zu wickeln.
Tanne betrachtete die beiden gerührt. Sie wusste, wie sehr auch Farah seinen kleinen Bruder vermissen würde. Einen Augenblick betrachtete sie die beiden, dann ging sie hinaus und lief auf ihr Haus zu. Aus dem Schulraum hörte sie singende Stimmen.
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